GUTE AUSSICHTEN IM HOHEN NORDEN EUROPAS

Norwegens Wirtschaft hat 2022 positiv überrascht. Das BIP stieg um 3,4 Prozent an und man kann davon ausgehen, dass das Wachstum sich auch 2023 in diesen Bereichen befinden wird. Oslo ist und bleibt das Zentrum der Real Estate Transaktionsaktivitäten, rund ein Drittel des Transaktionsvolumens bezog sich im letzten Jahr auf die norwegische Kapitale. 

Auch wenn die nordischen Staaten der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise nicht völlig entkommen sind, gelten die Länder als solide in ihrer Wirtschaftsleistung. Von Panik ist auf dem stabilen Real Estate Markt jedenfalls keine Spur. Nachhaltigkeitsagenden stehen künftig im Fokus, am Vorzeigebeispiel Finnland. 

Es ist eine eindringliche Art und Weise, wie 2022 die Auswirkungen der höheren Kapitalkosten auf den nordischen Finanzmärkten in Kombination mit den schwächeren Konjunkturaussichten vor Augen geführt wurdenUm der Inflation Herr zu werden, verfolgen die Zentralbanken ihre Geldpolitik weiter und heben kontinuierlich den Leitzins an. Mit klaren Konsequenzen für den Immobilienmarkt, wie Niclas Höglund. Head of Research. JLL Schweden, bemerkt: „Auch die Refinanzierungskosten sind gestiegen, da sich die Liquidität auf den Kapitalmärkten für Immobilienunternehmen verschlechtert hat. Die nordischen Banken zeigen nach wie vor eine gute Bereitschaft zur Kreditvergabe, konzentrieren sich aber in erster Linie auf bestehende Geschäftsbeziehungen und niedrigere Beleihungsquoten bei der Refinanzierung, da sie nach den höheren Zinssätzen verstärkt auf die Zinsdeckungsquoten (ICR) achten.“ 

 

Börsennotierte Immobilienunternehmen unter Finanzdruck 

Laut Höglunds Analyse im „JLL-Outlook 2023, Schwerpunkt Finanzierung“ ist vor allem der börsennotierte Immobiliensektor in den nordischen Ländern unter Druck geraten. Im Mai 2023 wurde er mit einem Abschlag von rund 30 Prozent für ein durchschnittliches börsennotiertes Immobilienunternehmen gehandelt - im Gegensatz zu den 15 Prozent Aufschlag, die im Frühjahr 2022 verzeichnet wurden.“ Auf dem Immobilienmarkt wirken sich gemäß dem JLL-Finanzexperten die höheren Finanzierungskosten auf alle Segmente aus. Sein differenzierter Blick, nach Assetklassen betrachtet: „Ein starker Vermietungsmarkt für Sozialimmobilien, Logistikimmobilien und erstklassige Büroimmobilien ist ein gutes Zeichen dafür, dass diese Segmente den Renditebedarf durch höhere Mieten bis zu einem gewissen Grad abfedern können. Wohnimmobilien gehören zu den Segmenten, in denen die Werte unter Druck stehen, was auch mit der geringeren Sichtbarkeit des kurzfristigen Mietwachstums zusammenhängt. Der Einzelhandels- und Hotelmarkt steht weiterhin unter Druck, wobei die Mietaussichten trotz des bereits hohen Renditebedarfs der Immobilien mit Vorsicht zu genießen sind. 

Den Fokus insbesondere auf gelistete Unternehmen zu legen, empfiehlt sich laut Höglund: „Der Marktmix in den nordischen Ländern, insbesondere in Schweden, ist stärker auf börsennotierte Immobiliengesellschaften ausgerichtet, die ihre Bilanzen im Laufe des Konjunkturzyklus ausgeweitet haben. Obwohl die Beleihungsquoten zurückgegangen sind, werden die höheren Finanzierungskosten wahrscheinlich einige Unternehmen unter Druck setzen, Eigenkapital zu beschaffen.“ Institutionelle und/oder staatlich unterstützte Immobilienunternehmen mit hoher Bonität (A- oder besser) seien ebenfalls auf dem Anleihemarkt aktiv und erhöhen damit die wahrgenommenen Refinanzierungsrisiken. Auf diese Unternehmen entfallen inzwischen 46 Prozent der im Zeitraum 2023-2026 fälligen Anleihen“, konstatiert Höglund. Die Rezessionssorgen werden jedenfalls größer: „Wir gehen davon aus, dass die derzeitige Preisfindung auf dem Transaktionsmarkt in Verbindung mit dem Rückgang des BIP im vierten Quartal 2022 und einem weiteren Rückgang im ersten Quartal 2023 das Transaktionsvolumen und die Gesamtkapitalrendite in der ersten Hälfte des Jahres 2023 begrenzen wird.“ Die Aussicht ist dennoch tendenziell positiv: „Immobilienanlagen haben sich in der Vergangenheit in einem inflationsbedingten Markt gut behauptet, wie es bei Sachwerten zu erwarten ist. Wenn sich die Wirtschaft Mitte 2023 wie erwartet erholt, sehen wir keinen Grund, warum sich dies ändern sollte. 

 

Dänemark: zurückhaltende Investoren in der Anpassungsphase 

Es ist aktueller in dieser Zeit schwierig vorauszusehen, wie sich der Immobilienmarkt entwickeln wird. Wir alle dachten, die Pandemie wäre eine besonders komplexe Rahmenbedingung, aber in Wahrheit war es bloß ein Zwischenspiel im Vergleich zu dem, was wir jetzt erleben. Die großen Herausforderungen bestehen in den hohen Energiepreisen, insbesondere den europäischen Gaspreisen, und den enormen Inflationsraten. Andererseits haben die europäischen Märkte, und da vor allem die nordischen, in jüngster Zeit besser performt, als man es 2022 noch annahm“, sagt Alexander Weinreich, Managing Director bei CBRE Dänemark. Investoren seien aktuell auffällig ruhig, aber der Moment sollte sich irgendwann in naher Zukunft drehen. Nach einer ruhigen Phase zu Beginn des Jahres ist es wahrscheinlich, dass Investoren wieder bereit sind für und damit beginnen, eine Pipeline neu aufzubauen. Im zweiten Halbjahr 2023 gehen wir von höheren Transaktionszahlen aus. Der Impact der Preisanpassung werde substantiell sein, aber viele Indikatoren lassen darauf schließen, dass die Preisanpassung eine kurzfristige ist, die zudem nicht in allen Bereichen und Assetklassen ähnlich verlaufen muss 

Laut Weinreich sind das keine besonders guten Nachrichten für jene, die in den letzten drei Jahren in Real Estate investiert haben. Wenn man aber Investments für die Zukunft plant, ist die Aussicht schon wesentlich besser. Das neue Gleichgewicht werde sich zwischen Gewerbeimmobilienkäufern und -verkäufern ergeben, sobald Investoren ihre Erwartungen angepasst haben.  

Während der Wohnimmobilienmarkt gerade vor allem mit den sinkenden Preisen kämpft, sind im Bürosektor zwei Faktoren für die Zukunft ausschlaggebend – nämlich wie sich Unternehmen mit der neuen Flexibilität der Arbeit abfinden und wie sie als Mieter damit umgehen, dass alle Vorhersagen eine Verringerung der Bürozeiten sehen. Dass hybrides Arbeiten gekommen ist, um zu bleiben, scheint nämlich klar zu sein. Ebenso unumstritten ist, dass schlechtere Bürogebäude auch schlechter performen werden, was den Fokus künftig verstärkt auf Umnutzungen richtet. Im Logistik-Sektor ist es laut Weinreich hingegen so, wie fast überall in Europa: „Renditen stabilisieren sich schneller als in anderen Assetklassen und Logistikimmobilien bleiben hoch interessant für Investoren. 

 

Norwegen: Mäßige Investorenstimmung trotz guter Wirtschaftsdaten 

Norwegens Wirtschaft hat 2022 positiv überrascht. Das BIP stieg um 3,4 Prozent an und man kann davon ausgehen, dass das Wachstum sich auch 2023 in diesen Bereichen befinden wird, auch wenn immer berücksichtigt werden muss, dass die nach wie vor grassierende Inflation dämpfende Konsequenzen mit sich bringt. Interessant ist die ausgezeichnete Lage auf dem Arbeitsmarkt. So hat die Arbeitslosigkeitsrate im Vorjahr einen Allzeittiefstand erreicht. Und dennoch steht es um das Konsumenten- und Investorenvertrauen nicht zum allerbesten. Auszugehen ist laut Experten von einem leichten Rückgang bei den Konsumausgaben der Haushalte, die von vielen Seiten unter Druck geraten.  

Das Real Estate Volumen betrug laut CBRE Marktbericht im Jahr 2022 112 Milliarden Norwegische Kronen. Die ersten Monate im Jahr 2023 lassen auf eine Zurückhaltung am Transaktionsmarkt schließen, die sich in der zweiten Jahreshälfte allerdings Schritt für Schritt auflösen sollte. Einen wesentlichen Beitrag werden ESG-Aspekte spielen, die auf Investorenseite immer stärker in den Fokus rücken. Der beliebteste Sektor ist in Norwegen traditionell das Bürosegment, knapp gefolgt vom industriellen und Retail-Bereich. Die drei Sektoren vereinten laut CBRE-Analyse im Vorjahr knapp 70 Prozent des gesamten Real Estate Investitionsvolumen. Oslo ist und bleibt das Zentrum der Transaktionsaktivitäten, rund ein Drittel des Transaktionsvolumens bezog sich im letzten Jahr auf die norwegische Kapitale. 

Was die Spitzenrenditen betrifft, so sind diese im Bürobereich im Vorjahr von vier auf 3,2 Prozent gesunken, während sie im Industrie- und Logistikbereich auf 4,8 Prozent gestiegen sind. Verhält sich das Retailsegment relativ stabil, so scheinen vor allem Hotelimmobilien zuletzt an Attraktivität gewonnen zu haben. Nach der herausfordernden Pandemiephase, stiegen die Spitzenrenditen im Vorjahr auf 4,6 Prozent im Schnitt.  

Der CBRE Blick auf 2023 geht allgemein von Preisdiskrepanzen zwischen Käufern und Verkäufern aus, von Veränderungen bei Kredit- und Anleihekonditionen und einer gewissen Investorenangst vor einer Rezession aus. Laut CBRE Umfrage ist mehr als die Hälfte der Investoren unschlüssig, ob sie 2023 ihre Aktivitäten drosseln oder steigern sollen. Die Variable, die den Ausschlag geben wird, ist de noch unsicher Veränderung bei den Immobilienpreisen. Zu erwarten sind Preisrückgänge vor allem im Retail- und Value-add-Office-Bereich. Während ein bis zu 30-prozentiger Verfall der Preise bei Einkaufszentren durchaus realistisch scheint, sollten A-class-Bürogebäude nur mit rund zehn Prozent betroffen sein.  

 

Finnland: Leichte Eintrübung, gutes Marktfundament, Nachhaltigkeitsfokus 

Mit einem sehr wechselhaften Jahr 2022 sah sich Finnlands Real Estate Sektor konfrontiert. Während die erste Jahreshälfte neue Transaktionsrekordvoulmina brachte, zeichnete sich Semester zwei durch eine Verlangsamung der Investitionstätigkeit aus, aufgrund von höheren Kapitalkosten und der stetig ansteigenden Inflationsrate. „Die finnische Wirtschaft wird 2023 laut Prognosen in ein Jahr der moderaten Rezession (minus 0,2 Prozent beim BIP) eintauchen. Verantwortlich sind dafür die hohe Inflation, die nachlassende Nachfrage bei Konsumenten und schwierigen Finanzrahmenbedingungen“, meint Siri Tulikoura, Managing Director, CBRE Finnland, und wirft einen Blick auf die Assetklassen im Land: „Der führende Sektor ist wie gewohnt jener des Wohnens, der im Vorjahr ein Rekordniveau bei den ausländischen Investitionen erreichte. Auch der Infrastrukturbereich der Bauwirtschaft war gekennzeichnet von rekordverdächtiger Investitionsaktivität, mit einigen großvolumigen Transaktionen.“ Im Fokus des Interesses standen im Vorjahr die Schwankungen im Preisgefüge und die nachlassenden Spitzenrenditen. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2023 sollte sich die Lage bessern.  

„Trotz einer verständlichen kurzfristigen Ungewissheit auf den Märkten, bleiben die langfristigen Fundamente des finnischen Immobilienmarktes unangetastet stark“, konstatiert Tulikoura und hebt den Aspekt der Nachhaltigkeit hervor: „ESG-Themen werden in allen Marktbereichen immer bestimmender. Finnland gehört zu den Ländern dieser Welt, die im Feld der Nachhaltigkeit die ehrgeizigsten Pläne und Zielsetzungen verfolgt. Angestrebt wird landesweit CO2-Neutralität bis zum Jahr 2035. Das spiegelt sich auf dem Immobilienmarkt wider, deren Teilnehmer verstärkt konkrete Nachhaltigkeitsmaßnahmen auch tatsächlich in die Tat umsetzen.“ 

 

Schweden: Weitgehende Stabilität auf Basis eines soliden Finanzmarktes 

Von den Folgen der Polykrise blieb freilich auch Schweden nicht verschont, steigende Energiepreise und Inflationsraten haben ihre Spuren hinterlassen. „Schweden ist in das Jahr 2023 mit einem tendenziell sinkenden BIP und nach wie vor hoher Inflation gestartet. Die Finanzierungsproblematik wird das Land in der nächsten Zeit intensiv beschäftigen. Für allzu negative Prognosen gibt es dennoch keinen Anlass, wir erwarten spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2023 positive Impulse auf dem Real Estate Investmentmarkt“, sagt Anders Liljenstolpe, Managing Director, CBRE SchwedenAls eines der zentralen Themen sieht der Immobilienexperte in den kommenden Jahren, wie Resilienz und Risikominimierung beim Fokus auf die ESG-Thematik gelingt. In Schweden seien schließlich noch (zu) viele Gebäude nicht ausreichend nachhaltig gestaltet. 
Die Analyse im CBRE Market Outlook Report 2023 ergab, dass das Real Estate Investmentvolumen im Vorjahr 150 Milliarden Schwedische Kronen schwer war, was einem satten Rückgang von 50 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2021 entsprach. Aufwärtstendenzen werden für die zweite Jahreshälfte 2023 vorausgesagt. Einiges wird dabei von der Zinspolitik der Schwedischen Zentralbank abhängen, wobei zu sagen ist, dass generell der Finanzmarkt in Schweden solide dasteht.  

Nach Assetklassen betrachtet, hat sich das Retailsegment 2022 als stabil erwiesen und ist eines von zwei Segmenten, das einen Anstieg beim Investitionsvolumen verzeichnen konnte. Objekte, die Cashflow mit höheren Renditen generieren, gelten im aktuellen wirtschaftlichen Rahmen als attraktiv. Im Bürobereich liegt der Fokus ganz eindeutig auf höherklassigen Objekten. Die dokumentierte Einhaltung von ESG-Aspekten und flexiblen Raumgestaltungen wird immer bedeutsamer. Der Wohnbereich steht vor den Herausforderungen höherer Zinssätze, steigender Projektkosten und einer nachlassenden Neubautätigkeit. Im Hotelsegment erreicht man nach schwierigen Jahren endlich wieder die prepandemischen Übernachtungszahlen. Die Aktivität am Transaktionsmarkt hat bereits Ende des Vorjahres spürbar angezogen. 


Finnland präsentiert sich als Nachhaltigkeitsvorreiter in Europa (im Bild: Aulanko Aussichtsturm in Hämeenlinna, eine Kleinstadt im Süden des Landes)Bis 2035 soll das gesamte Land CO2-neutral aufgestellt seinESG-Themen werden in allen Real Estate Marktbereichen immer bestimmender. 

Als eines der zentralen Themen gilt in Schweden (im Bild ein Blick auf die Altstadt von Stockholm) in den kommenden Jahren, wie Resilienz und Risikominimierung beim Fokus auf die ESG-Thematik gelingtNoch meinen Experten, dass in Schweden (zu) viele Gebäude nicht ausreichend nachhaltig gestaltet sind. Der gesamte Real Estate Markt erweist sich als ruhig und stabil. 

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